Pupsi und Stinki … stinkt
Meine fünfjährige Tochter liebt Bücher und Geschichten und die schlimmste Strafe, die wir für sie haben, ist, dass es keine Gute-Nacht-Geschichte gibt. Ich kann mich nur an ein Buch erinnern, von dem sie sagte, dass sie es nicht hören wollte. Sebastian Fitzeks „Pupsi und Stinki“. Und hier die Gründe, warum es stinkt.
Wem der Name Fitzek bekannt vorkommt – er machte sich einen Namen als Thriller-Autor. Er hat seine Fans, wie man an den Verkaufszahlen und den Nutzenrezensionen (z.B. zu seinem letzten Thriller „AchtNacht“) sehen kann. Ich habe sein Buch „Amokspiel“ als Hörbuch gehört, es war okay, aber mich hat’s nicht angefixt. Was soll’s.
Jetzt schneite aber das Buch „Pupsi und Stinki“ ins Haus, ein Buch, das aus der Not heraus geboren wurde, dass er seinen Kindern im Urlaub eine Geschichte erfinden musste. Als Elternteil kennt man sowas. Auch ich habe es schon gemacht. Aber ich habe kein Buch draus gemacht und das wäre in dem Fall auch besser gewesen.
Zur Geschichte: Paul wird im Kindergarten gemobbt, weil er immer wieder pupsen muss. Immer, wenn er Stress oder Angst hat, furzt er. Die anderen Kinder spielen nicht mit ihm und machen sich lustig über ihn. Bei einem Kindergartenausflug in den Wald lernt er ein Stinktier kennen, das nicht stinken kann. Als es eines Tages vor einem Wolf in den Kindergarten flüchtet, furzt Paul wieder und der Wolf flüchtet. Paul wird zum Kindergartenheld, von allen gefeiert und ist gut integriert.
Ich brauche einen Absatz, Fitzek 51 Seiten. Aber das ist bei den meisten Kinderbüchern so. Hier die Dinge, die es nicht so schön machen.
Es hat was von einer Anleitung zum Mobbing
Immer wieder wird auf Pauls Problem rumgeritten. Das ist nicht wirklich hilfreich. Wenn ich sagen soll, was er gut kann, fällt mir nur stinken ein. Kann er gut malen, Rad fahren, klettern, singen? Dazu erfahren wir nichts. Der Charakter ist flach, wie alle anderen Charaktere auch. Man kann keine positive Verbindung zu Paul aufbauen. Man kann nur Mitleid haben. Aber wenn ein Mensch auf nur eine Eigenschaft reduziert wird, dann zeigt das, dass dies geradezu okay ist und man ihn irgendwie mobben kann. Ich nenne „Pupsi“ in diesem Post durchweg „Paul“, Fitzek benutzt nur „Pupsi“ und schreibt am Schluss sogar noch :
„Wir sollten ihn ab jetzt besser Paul nennen“, schlägt Mark vor, als sie zusammen in der Kita-Küche sitzen und ihre Rettung vor dem bösen Wolf mit einer Tasse heiße Schokolade feiern.
Pupsi denkt kurz nach, dann sagt er in die Runde: „Nein, ihr dürft mich ruhig weiter Pupsi nennen. So schlimm finde ich meinen Spitznamen gar nicht mehr. Solange ihr nett zu mir seid und auch mit mir spielt.“
What. The. Fuck. Ernsthaft? Offensichtlich merkt Mark, dass er Scheiße gebaut hat. Er entschuldigt sich zwar nicht, aber immerhin. Und das Mobbingopfer – und das war Paul – meint: Nöö, alles okay unter diesen Bedingungen. Nicht sehr wahrscheinlich und auch pädagogisch eher scheiße.
Die Sprache
Fitzek schreibt Romane für Erwachsene. Kinderbücher schreiben aber ist eine andere Liga und um einiges schwerer. Er braucht immer ewig, um auf den Punkt zu kommen, spikt den Text mit unwichtigen Informationen und fabriziert Sätze, die einfach nicht kindgerecht sind. Beispiel gefällig?
Der Kita-Zaun ist sehr hoch und die Gartentür immer abgeschlossen, damit kein Kind verloren gehen kann. Tamara [die Erzieherin; MD] ist kurz auf Toilette gegangen, und Peer [der Erzieher; MD] muss gerade dem Postboten an der Vordertür aufmachen, als es passiert.
Mark, Ira, Stefan, Jonas und Maria beobachten ihn und machen sich einen Spaß daraus, sich von hinten anzuschleichen, um ihm einen Streich zu spielen.“
Was soll der erste Absatz? Jedes Kita-Kind weiß, dass die Kita eingezäunt und abgeschlossen ist. Sie wissen in der Regel auch warum. Warum die Gruppe unbeaufsichtigt ist, spielt auch im Weiteren keine Rolle. Dann die Aufzählung der Namen: Auch hier wird bei den Kindern wenig unterschieden. Alle spielen einen Streich. Unnötig, so viele aufzuzählen. Dass Paul isoliert ist, wissen wir schon. Fitzek hat es vorher schon mehrmals geschrieben. Kinder sind nicht dumm und leicht genervt, zumindest war es Elsa.
Hinzu kommen ewige Aufzählungen, mehr dazu bei den Gags.
Die Fauna
Klar, er brauchte ein stinkendes Tier und Iltisse werden die meisten Kinder nicht kennen. Deswegen muss es ein Stinktier sein. Ein in Nordamerika beheimatetes Tier. Und das personifizierte Böse ist der böse Wolf, die es kaum in Deutschland gibt, die sich eher von Menschen fern halten und geschützt werden müssen.
Die Gags
Fitzek fühlt sich aus unerfindlichen Gründen genötigt, Flachwitze einzubauen. Immer wieder finden sich in dem Buch längere Aufzählungen. So erfährt man über den Beruf von Pauls Vater:
Er fährt einen großen Laster und transportiert all die Dinge, die Mama im Supermarkt verkauft: Butter, Marmelade, Honig, Waschmittel und Geisteraugen.
Neeeiin, natürlich keine Geisteraugen. Das war nur ein Scherz.
Vereinzelt mag sowas witzig sein. Auch ich baue manchmal absichtlich Fehler ein. Aber, dies ist der zweite solche Scherz auf der gleichen Seite. Too much, mein Guter. Hinzu kommt, dass die meisten Eltern kreativ genug sein werden, Witze einzubauen, die ihrem Publikum gefällt. Wir müssen nicht an die Hand genommen werden.
Das Ende
Kommen wir zum abrupten Ende Marke: Außenseiter wird zum Helden und alles ist Friede, Freude, Eierkuchen. Auch hier kann man Kindern mehr zumuten. So ein Ende kann er in einem Thriller bringen, aber nicht in einem Kinderbuch. Ein gradueller Übergang, mit Rückschlägen und tieferen Charakteren wäre um einiges besser gewesen. Zumal Fitzek, ob er es wollte oder nicht, ein Buch über Mobbing geschrieben hat.